Donnerstag, 16. November 2017

Ohne Geld durch Lissabon

Ich könnte diesen Blog mit unzähligen Einträgen über Lissabon füllen. Über diese Stadt kann man wahrscheinlich nie genug schreiben. Aber das ist nicht der Sinn dieses Blogs, also überlasse ich es jedem selbst, nach Lissabon zu reisen und sich selbst einen Eindruck zu verschaffen, und erzähle jetzt vor allem etwas über meine eigenen Erfahrungen.

Ich bin nicht vollkommen ohne Geld durch Lissabon gereist, das ist gelogen. Aber in den ersten Tagen musste ich mit sehr wenig Bargeld auskommen (Ich hatte wieder einmal Ärger mit meiner Kreditkarte). Und dabei habe ich vor allem eine Erfahrung gemacht: Man kann eine Menge Geld in Lissabon ausgeben. Muss man aber nicht. Die meisten sehenswerten Plätze sind zu Fuß zu erreichen, solange man sich die Zeit nimmt, dorthin zu laufen. Somit habe ich mir Ticket und Gedränge in den öffentlichen Verkehrsmitteln gespart. Natürlich gibt es massenhaft wunderbare Cafés und Restaurants, aber genauso gibt es auch Alternativen, die weniger teuer sind. Der beste Nachmittagssnack in Lissabon kostet meiner Meinung nach 2 Euro: Ein Pastel de Nata, das Lissabonner Traditionsgebäck, und ein Kaffee. Dazu ein Platz in der Sonne oder direkt in der Bäckerei, wo man den Bäckern bei der Arbeit zusehen kann, und die Welt ist in Ordnung.

Yipeeeeee!!!!

Partystimmung! Denn meine Woche in Lissabon ist kein neues Workaway-Projekt, sondern tatsächlich Urlaub. Sieben Tage im Zehnbettzimmer eines Hostels, sieben Tage eine wunderbare Stadt entdecken, sechs Nächte lang das Nachtleben genießen. Das klingt vielleicht nicht für jeden nach einem angenehmen Urlaub - aber für mich ist es perfekt!
Trotzdem dauert es etwas, bis gute Laune aufkommt - denn Weiterreise bedeutet eben auch Abschied. Abschied von Azenhas Do Mar, Abschied von den Pferden, Abschied von wunderbaren Menschen.  Nach ein paar Stunden hat mich die Stadt dann aber doch so um den Finger gewickelt, dass die schlechte Stimmung vergessen ist. Und spätestens als es am Abend in meinem Hostel kostenlosen Sangria gibt und ich innerhalb weniger Minuten Freundschaft mit anderen Reisenden knüpfe, ist die Urlaubsstimmung da. Kann es noch besser werden?
Ja. Kann es. Indem man nach dem Sangria-Abend noch gemeinsam durch die Bars im Bairro Alto zieht. Und indem man genau dieses Prozedere an sechs Abenden wiederholt!

In dieser Woche stimmt für mich einfach alles: Mein Hostel ist wirklich gut, ich treffe viele nette Menschen und die Hitzewelle kehrt noch einmal zurück, um mir einige warme Tage zu schenken. Meine lange Hose trage ich nur an den Abenden.
Man kann tagelang durch Lissabon laufen, ohne sich je zu langweilen. Jeder Stadtteil hat seinen eigenen Charme, machmal touristisch und kommerziell, manchmal sehr ursprünglich. An jedem Tag habe ich die Stadt neu entdeckt. Ich habe mir (von einem portugiesischen Studenten) erzählen, von welchen Orten aus man am besten den Sonnenuntergang über dem Tejo beobachten kann, und mir (von einer belgischen Studentin) eine Menge Street Art zeigen lassen, ich war in traditionellen Fado-Bars und habe nachts im Bairro Alto Samba getanzt. Ich war auf einem Friedhof, der mich wirklich beeindruckt hat: Anstelle von Grabsteinen standen hier ganze Häuser, die Anlage sah eher aus wie ein Dorf als wie ein Friedhof. In manchen Häuschen konnte man die Särge stehen sehen. Manchmal hatte ich das Gefühl, jeden Moment könnte jemand eine Tür öffnen oder hinter einer Gardine vorschauen.
Dann, am Fuß des Friedhofes: Eine unglaublich schöne Aussicht auf den Tejo und die Ponte 25 de Abril (die Brücke, die aussieht als wäre sie aus San Francisco geklaut worden). Wirklich merkwürdig: Die Stille des Friedhofes, gleichzeitig der rege Verkehr auf der Brücke und die Schiffe auf dem Wasser.
Ich bin mit der legendären Straßenbahnlinie 28 gefahren und habe es nicht bereut! Auch wenn es sehr touristisch ist und man mitunter Schlange stehen muss - es lohnt sich wirklich! Ich bin unter der Ponte 25 de Abril hindurchgelaufen (und habe festgestellt: Das Teil ist wirklich verdammt hoch!). Mehr Facetten einer Stadt kann man in einer Woche wohl kaum kennenlernen.

Ohne Schlaf nach Faro

Das gruseligste an Halloween in diesem Jahr: Es ist mein letzter Tag in Lissabon! Eigentlich will ich gar nicht weg...
Natürlich lasse ich es mir nicht nehmen, an meinem letzten Abend noch einmal das Nachtleben zu genießen. Gefeiert wird hier sowieso immer, aber heute ist auch noch Halloween und morgen ist ein Feiertag, somit ist eine Menge los auf den Straßen. Es ist eine warme Nacht. Schwer vorstellbar, dass morgen der November beginnt! Natürlich schaffe ich es nicht, früh wieder ins Hostel zurückzukehren, wie ich es mir eigentlich vorgenommen hatte (Wobei, früh war es schon - früh morgens!). Insgesamt schlafe ich kaum länger als zwei Stunden. Hinter mir liegen sieben Tage, an denen ich unzählige Kilometer gelaufen bin und sieben durchfeierte Nächte, die mir in den Knochen stecken. Vor mir liegen einige Stunden Reisedauer. Auf meinen Schultern liegen die Träger meines Rucksacks, der mich heute irgendwie nach unten zieht. Eigentlich liebe ich das Gefühl, unterwegs zu sein. Auf an die Algarve, auf in neue Abenteuer! Auch wenn ich an diesem Tag ein müder Abenteurer bin...

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