Mittwoch, 6. Dezember 2017

Von Lagunen, Brücken und Inseln

Die Zeit vergeht einfach viel zu schnell. Oder ich arbeite zu langsam. Oder ich erlebe einfach viel zu viele Dinge, über die ich hier gerne schreiben würde... In diesem Artikel erzähle ich also nicht nur von einem einzelnen Erlebnis, sondern von Ausflügen in zwei wunderbare Städte: Faro und Tavira.





Beide Städte habe ich dieses Mal nicht allein erkundet, sondern in Begleitung von Anna. Anna ist meine italienische Zimmergenossin und Lieblingskollegin (und die beste Begleitung beim Erdnüsse essen und übers Leben reden!). 

Faro: Kapellen aus Knochen und lange Nächte


Was macht man, wenn ein Mönch stirbt? Richtig, man begräbt ihn. Und dann? Dann wird der Mönch einige Jahre später von anderen Mönchen wieder ausgebuddelt und als Dekoration für die Kirchenkapelle benutzt. So ist es jedenfalls in Faro passiert.
Die anderen Freiwilligen haben uns von einer Kapelle erzählt, deren Wände aus menschlichen Knochen bestehen. Das konnten wir uns zwar nicht so richtig vorstellen, aber ansehen wollten wir es uns trotzdem.  

Die Kapelle ist kein düsteres Verließ, sondern das Gegenteil: Sie wirkt freundlich und hell, mit hoher Decke, die Wände in hellem Beige. Knochen-Beige. Denn jede einzelne Wand ist vom Boden bis zur Decke mit Schädeln und Knochen verziert. Die Decke besteht aus Knochen. die Torbögen. Alles. Einige Schädel fehlen schon und haben Löcher im gleichmäßigen Muster hinterlassen. Als mir bewusst wird, wie viele Körperteile verstorbener Menschen mich in diesem Moment umgeben, ist die freundliche Stimmung verflogen. Gruselig ist es hier nicht, aber beklemmend. 


Faro hat aber mehr zu bieten als tote Mönche. Die Altstadt im Inneren der Stadtmauern zum Beispiel, voll von historischen Gebäuden, schmalen Gassen und einladenen Restaurants. Der Hafen ist auch sehr schön. Faro liegt nicht direkt am Meer, sondern am Rande einer Lagune, die man erst durchqueren muss, um zum Atlantik zu kommen. 


Der Stadtkern ist relativ klein, und wir fragen uns nach einer Weile,
ob wir irgendetwas übersehen haben. War das wirklich alles? Trotzdem, nach Hause wollen wir noch nicht. Spontan suchen wir uns ein Hostel und buchen zwei Betten in einem Zwölfbettzimmer (ja, viele Menschen in einem Zimmer, aber dafür schön günstig, und zum Schlafen sind wir sowieso nicht hier). Faros Nächte sind berüchtigt. Die anderen Gäste im Hostel erzählen uns, das Nachtleben beginne hier erst spät. Okay, verstanden. Wir essen, ruhen uns aus und stehen um kurz vor elf wieder am Hosteleingang - nur um einen erstaunten Blick zu ernten. "Ihr seid früh, Mädels"
Und es stimmt tatsächlich: Das Leben in den Bars beginnt hier erst ab Mitternacht. Dann aber auch wirklich! Die besten Bars, viele Nachtclubs, viele Menschen, und das an einem Dienstag!

Einsame Inseln


Am nächsten Morgen wollen wir dann endlich das Meer sehen. Wir buchen eine Bootstour quer durch die Lagune und zu gleich zwei Inseln, eine davon nahezu unbewohnt. Die Stadt ist nur noch am Horizont zu sehen, wie eine Ansammlung von Spielzeughäusern. Weiter entfernt kann man schon den Hafen von Olhão sehen, und den Hügel, an dessen Fuß Moncarapacho liegt. Das alles scheint so weit weg zu sein, wie auf einem anderen Planeten. Hier könnten wir ewig bleiben!

Es gibt tatsächlich einen Vorteil daran, dass ich mir so viel Zeit mit diesem Artikel gelassen habe: Mittlerweile weiß ich, dass dies nicht der letzte Bericht aus Faro war. Für mein nächstes Workaway-Projekt wird diese Stadt für einige Zeit mein Zuhause werden!

Tavira: Brücken aus Venedig, Hippies und Zwergen-Leuchttürme


In Tavira leben viele Rentner. Und groß ist es auch nicht, aber es soll relativ schön sein, als könnten wir da ja mal hinfahren. Und dann? Dann war es Liebe auf dem ersten Blick. Die zentrale Straße
führt direkt am Fluss entlang, mit einer Markthalle, einem kleinen Park und Cafés und Restaurants auf der anderen Straßenseite. Direkt am Rathausplatz führt eine prunkvolle Brücke auf die andere Flussseite, und wenn man diese Brücke überquert, dann fühlt man sich tatsächlich ein wenig wie in Venedig (bestätigt von Italienerin Anna!). Dazu gibt es eine alte Burgruine mit Blick über die Stadt. Wir konnten uns nicht trennen und sind wieder über Nacht geblieben, dieses Mal in einer Jugendherberge voller pensionierter Hippies, in der wir mit Abstand die jüngsten Gäste waren. Nachtleben gibt es dieses Mal zwar nicht zu entdecken (wir haben es versucht, sind aber letztendlich im Irish Pub gelandet, einer der wenigen Bars, die zu dieser Jahreszeit überhaupt in der Woche geöffnet hat). Dafür können wir uns am nächsten Morgen ausgeruht auf den Weg zum Strand machen. Auch Taivra liegt in der Lagune, und somit sitzen wir eine Woche nach unserer Bootstour in Faro wieder auf einem Boot, dieses Mal auf einer kleinen Fähre, die uns zu einer Insel am Rand der Lagune bringt. Im Sommer ist hier wahrscheinlich eine Menge los, aber heute haben wir den breiten Strand mit den beiden kleinen Leuchttürmen, die kaum größer als ich sind, fast für uns allein.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen