Samstag, 2. Dezember 2017

Station 2: Moncarapacho - Leben und Alltag

Wenn neun Freiwillige aus fünf verschiedenen Ländern auf einem Haufen leben, wird es nie langweilig. Im Moment Leben hier mit mir drei Briten, zwei Amerikaner, ein Paar aus Chile und eine Italienerin, und über Langeweile kann ich mich tatsächlich nie beschweren.

Wir kochen füreinander und essen zusammen, wir machen Filmabend, veranstalten Geburtstagspartys und haben zusammen Thanksgiving gefeiert. Das Zusammenleben ist erstaunlich friedlich, auch wenn wir verschiedener gar nicht sein könnten: Die jüngste Freiwillige ist 15, die älteste Ende Vierzig. Vier Vegetarier und eine Veganerin. Eine Enkelin mit ihrer Oma, ein lesbisches Pärchen, Alleinreisende. Bunte Mischung!
Dazu haben wir den Tierpark direkt vor unserer Tür und können unsere Freizeit mit den Tieren verbringen (Ich arbeite aktuell an meiner Karriere als Wasserschwein-Flüsterin, und mit den Erdmännchen muss man auch regelmäßig kuscheln - wie auf den Fotos zu sehen ist!). 

Zu den Gästen in der Anlage haben wir kaum Kontakt, zu dieser Jahreszeit gibt es auch nur noch wenige Buchungen. 
Wenn wir dann doch einmal Besucher mit zu den Tieren nehmen, dann ist es aber immer lustig. Eine Dame im Rollstuhl hatte sich innerhalb kürzester Zeit in die Erdmännchen verliebt - und somit mussten wir mit allen Mitteln versuchen, den Rollstuhl ins Gehege zu befördern. Ein behinderter Junge war weniger interessiert an den Tieren, dafür umso mehr an mir, und hat kurzerhand entschieden, mich zu heiraten und eine Familie mit mir zu gründen. Nun ja. Darüber müssen wir noch einmal sprechen...
Einen Pool haben wir auch, aber jetzt, im November, hat keiner von uns besonders große Lust zum Schwimmen. Wir spielen lieber Tischtennis oder Billiard, oder machen Orangenlimonade aus selbst gepfückten Orangen. 


Das alles könnte so perfekt sein, wenn die Umgebung hier auch bunt und abwechslungsreich wäre. Stattdessen komme ich mir an manchen Tagen ein wenig vor wie die Tiere in unserem Zoo, weil ich das Ferienzentrum kaum verlassen kann. Ein Problem sind unsere Arbeitszeiten, die es manchmal schwierig machen, irgendetwas zu unternehmen. Die Tiere müssen auch abends versorgt werden, und dementsprechend muss jeden Tag mindestens eine Person sowohl morgens als auch abends arbeiten. Das wäre aber kaum ein Hindernis, irgendetwas zu unternehmen - wenn es etwas zu unternehmen gäbe. Wir wohnen am Rand von Moncarapacho, einem unspektakulären Örtchen voller britischer Rentner (über den Ort und die Briten habe ich hier schon einmal geschrieben). Hier gibt es alles, was man so zum Überleben braucht: Supermärkte, einen Kiosk, eine Apotheke und das ein oder andere Café, das nicht über den Winter geschlossen hat. Aber eben nicht mehr.
Moncarapacho ist kein Dorf mit Charme und Dorfgemeinschaft, aber auch keine lebendige Stadt. Und vor allem kann man diesen Ort kaum verlassen, wenn man kein Auto hat. Vom Strand trennen uns ungefähr sieben Kilometer, von der nächstgrößeren Stadt Olhão etwa dieselbe Distanz. Sowohl Stadt als auch Strandort haben einen Bahnhof, von dem aus man mit Regionalzügen sämtliche Orte in der Umgebung erreichen kann. Vorrausgesetzt, man kann den Bahnhof erreichen. 
Sieben Kilometer sind nicht besonders viel, aber doch zu viel, um sie zu Fuß zwischen Feierabend und Einbruch der Dunkelheit zurückzulegen. Die Fahrräder, die uns die Ferienanlage zur Verfügung stellt, funktionieren nicht, und die Busse sind ein Thema für sich. Am Nachmittag fährt hier nur ein einziger Bus, Sonntags gar keiner. 
Genung genörgelt, Lösungen gibt es schließlich auch. Man kann sich beispielsweise von der Putzfrau mit in die Stadt nehmen lassen, aus Versehen trampen oder Freundschaft mit dem Besitzer vom Fahrradverleih schließen - aber dazu an anderer Stelle mehr!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen