Sonntag, 25. Februar 2018

Station 5: São Gregório - Leben und Alltag

Grüne Hügel bedeckt mit blühenden Blumen, grasende Kühe mit Glocken um den Hals, ab und an ein Weinanbaugebiet oder einige Korkeichen – das ist die Region Alentejo. Mitten in dieser Region liegt die vier Hektar große Farm, auf der ich lebe. Zwei traditionelle blau-weiße Farmhäuser stehen auf dem Land: Eines für die Farmbesitzerin und eines für die Freiwilligen, das zumindest für eine Woche mir gehört.


Auf dem ersten Blick sind sich meine beiden Kurzzeit-Farmprojekte sehr ähnlich: Beide Male arbeite ich auf privaten Farmen in abgelegenen Regionen, und auch die Arbeit ist relativ ähnlich. Aber das ist nur auf dem ersten Blick so. Tatsächlich könnten die Projekte kaum unterschiedlicher sein.
Dieses Mal ist meine Gastgeberin eine Frau, und zwar ein echtes Powerpaket: Sie arbeitet in Vollzeit, bewirtschaftet in ihrer Freizeit eine vier Hektar große Farm und hat vier Pferde, von denen zwei Jungpferde mitten in der Ausbildung zum Reitpferd sind, die regelmäßig trainiert werden müssen. Sie und ihre Schwester, die gerade zu Besuch ist, empfangen mich herzlich. In meinem Freiwilligen-Haus steht sogar ein Blumenstrauß für mich, in der Küche liegt frisches Obst bereit und ein großer Teller mit Kaktusfrüchten wurde für mich vorbereitet.

Back to the roots


Wieder sind meine Lebensbedingungen sehr einfach. Wieder einmal gibt es keine gut funktionierende Dusche, aber das bin ich ja mittlerweile gewöhnt. Das Haus wurde 1881 gebaut und ist natürlich nicht isoliert. Dafür gibt es eine riesige offene Feuerstelle im Wohnzimmer. Also heize ich so, wie es die Menschen seit Jahrhunderten tun: Jeden Tag bereite ich am frühen Abend ein Feuer vor, dass dann bis in die Nacht brennen muss, um die Temperatur zum Schlafen erträglich zu machen. Was idyllisch klingt, ist tatsächlich harte Arbeit: Eine offene Feuerstelle kann man nicht wie einen Kamin regulieren und somit langsamer brennen lassen. Dieses Feuer ist ein Vollzeitjob!
Ich kann es kaum für einige Minuten aus den Augen lassen, weil ich ständig Brennmaterial nachlegen muss. Kleinere Aufgaben wie Kochen oder nur ein wenig aufräumen oder abwaschen werden zur Multitasking-Herausforderung, und unzählige Male muss ich innerhalb eines Abends in die Scheune laufen und Holz heranschleppen. Es ist stressig, und trotzdem gleichzeitig ein schönes Gefühl, sehr ursprünglich und natürlich.


Und wenn ich nachts dann mein Feuer soweit in den Griff bekommen habe, dass ich zumindest kurz das Haus verlassen kann, dann werde ich mit einem wunderbaren Sternenhimmel belohnt, wie man ihn wahrscheinlich nur sehen kann, wenn man sechs Kilometer vom nächsten Dorf entfernt ist.

Sechs Kilometer. Sechs Kilometer bis zum nächsten Dorf, in dem einige Menschen leben. Sechs Kilometer bis zur nächsten Bushaltestelle, die allerdings nicht im Dorf, sondern mitten im Nirgendwo liegt. Tagesausflüge werden so zur Herausforderung. Meine Gastgeberin kann mich morgens auf dem Weg zur Arbeit an der Haltestelle absetzen. Der Bus kommt allerdings erst eine Stunde später, bringt mich nur in den nächstgrößeren Ort, wo ich erneut auf einen anderen Bus warten muss. Auf dem Rückweg kennt dann niemand der Busfahrer am Terminal meine Haltestelle. Zu klein, zu unbekannt. Englisch spricht hier natürlich keiner. Ja, hier kann ich mein portugiesisch trainieren!

Generell gibt es wohl kaum eine bessere Möglichkeit, um mehr in Portugal und die Region Alentejo einzutauchen. Genau aus diesem Grund ist diese Farm eines meiner Lieblingsprojekte. Die Gastgeberin ist Portugiesin und gibt sich große Mühe, jeden Tag portugiesisch für mich zu kochen. Ihre Schwester ist Lehrerin und hilft mir, meine Sprachkenntnisse zu verbessern. Die Mahlzeiten bestehen aus Zutaten aus dem eigenen Garten, das Brot kommt aus der Region und der Wein vom Weinberg des Nachbarns, den wir von der Farm aus sehen können. Und da modernes Entertainment mal wieder nicht zur Verfügung steht, verbringe ich meine Freizeit eben vor allem auf der Pferdeweide, wo ich Freundschaft mit den vier Stuten schließe. Zumindest bis zum frühen Abend - dann muss Holz für das Feuer geholt werden.

Mehr Fotos von der Farm und dem wunderschönen nördlichen Alentejo gibt es hier!

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